Das Engagement des Musikers Andy Palacio, der 47jährig im Januar 2008 verstarb, galt der Erhaltung der Sprache und Kultur der Garifuna. Der Ursprung der Ethnie der Garifuna geht auf die Verschmelzung der Westafrikaner, die als Sklaven nach Amerika gebracht werden sollten …
In einer Musiksendung im Januar bin ich Andy Palacio zum ersten Mal begegnet: Zwei Stunden über ihn, seine Musik, sein Volk. Seine Person, seine Individualität, sein Wirken, die sich auf beste Weise in die Herausforderungen der Globalisierung einfügen, haben mich seit der besagten Radiosendung nicht mehr los gelassen. Ich habe einiges über Andy Palacio gelesen und versuche es hier zusammenzufassen:
… mit den Kariben, welche selbst mit den von ihnen einst unterworfenen Igñeri-Arawak verschmolzen waren. Es spielte sich in der Zeit um 1635 auf der Karibikinsel St. Vincent ab: Zwei Sklavenschiffe erleiden Schiffbruch, die Afrikaner fliehen, werden von Inselkariben aufgenommen und vermischen sich mit ihnen.
Die besondere Geschichte der Vorfahren der Garifuna (auf St. Vincent) ist von der damaligen französisch-englischen Konkurrenz im karibischen Raum geprägt. Dem Volk ist es immer wieder gelungen, seine Unabhängigkeit zu bewahren. Mit den französischen Siedlern lebten sie friedlich zusammen. Jedoch nach der Unterwerfung der Insel 1795 durch die Briten und durch die Ausbreitung der Sklavenwirtschaft werden sie von den Kolonialherren und neuen Kolonisten mit Argwohn beäugt – sie leben doch als freie Schwarze! Auseinandersetzungen zwischen Briten auf der einen Seite und Garifuna sowie Franzosen endeten 1796 mit der Niederlage der Garifuna und Franzosen. Die besiegten Garifuna wurden zunächst auf die Insel Baliceaux deportiert, später verbreiteten sie sich auf den Bay Islands aus. Um 1832 wanderten viele von ihnen nach Belize aus. Ihre Sprache, das Igñeri, gehört zu der indigenen amerikanischen Arawak-Sprachfamilie und zeigt karibische, französische, englische und auch spanische Einflüsse. Karibischer Herkunft sind auch bestimmte Tanzformen, manche Sagen sowie einzelne rituelle Praktiken, die man heute noch in ähnlicher Form bei bestimmten Amazonasstämmen findet. Die religiöse Überlieferung der Garifuna ist jedoch überwiegend westafrikanisch. Andy Palacio wuchs also in einer Tradition auf, die ihre Wurzeln sowohl in der westafrikanischen als auch der karibischen Kultur hat.
Sprache, Tanz und Musik der Garifuna wurde von der UNESCO 2001 unter die Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen. Bei der Mitarbeit an einem Bildungsprojekt in Nicaragua fiel Andy Palacio auf, dass dort die einzigartige Sprache und Kultur karibischer und arawakischer Indianer verloren ging. „Die kulturelle Erosion dort hat meine Einstellung tief geprägt“, sagte er in einem Interview 2006. „Ich musste auf diese Realität reagieren.“ Es sei eine bewusste Strategie, auf Musik zu setzten: „Ich spürte, dass Musik ein exzellentes Medium ist, die Kultur zu erhalten.“
Aus seiner Arbeit ging eine neue Musikrichtung in der Sprache Garifuna, Punta Rock (belizische Version afro-karibischer Tanzmusik), der traditionelle Garifuna-Klänge mit Jazz und Rock and Roll verbindet, hervor. 2007 ist sein Album «Wátina» veröffentlicht worden. „Palacio war auch im Dienste der Regierung des kleinen mittelamerikanischen Landes unterwegs als Kulturbewahrer. Der Traum von der Neudefinition der musikalischen Roots seines Volkes liess den begnadeten Sänger jedoch nie los. Und so initiierte er gemeinsam mit dem Plattenproduzenten Iván Duran, der das einzige Plattenlabel des Landes betreibt, die Sessions zu «Wátina». In einer Hütte am Meer wurden Stücke geschrieben, ausgewählt und arrangiert“, schrieb im Mai 2007 die „Neue Zürcher Zeitung“. Mit dem Album Wátina war Andy Palacio international berühmt geworden und hielt sich mehrere Monate in den Top 5 der European World Music Charts Europe.
Für seine Wirkung wurde er zum UNESCO-Friedensbotschafter ernannt.